Trotz gestiegener Investitionen weniger Bauleistungen und sinkende Neubauzahlen – Pressekonferenz zu den Zahlen der Jahresstatistik 2023
Im Rahmen einer Pressekonferenz stellte heute der VSWG die Zahlen zur Jahresstatistik 2023 vor.
Wohnungsgenossenschaften als fester Bestandteil des sächsischen Wohnungsmarktes
Die sächsischen Wohnungsgenossenschaften sind ein bedeutender Faktor auf dem sächsischen Wohnungsmarkt. Mit einem Wohnungsbestand von 294.583 Wohneinheiten bewirtschaften sie 21 Prozent der Mietwohnungen in Sachsen und bieten Wohnraum für rund eine halbe Million Menschen. Die Bilanzsumme aller im VSWG organisierten Unternehmen beträgt rund 9,8 Mrd. Euro (Vorjahr 9,7 Mrd. Euro). Als Unternehmen erwirtschaften sie mit jährlichen Umsatzerlösen von rund 1,47 Mrd. Euro (Vorjahr 1,42 Mrd. Euro) einen Anteil von 1,0 Prozent am sächsischen Bruttoinlandsprodukt. Sie beschäftigen 2.535 Mitarbeiter sowie 107 Auszubildende/Studierende und sichern Aufträge sowie Arbeitsplätze in vielen weiteren wohnungswirtschaftlich flankierenden Branchen.
Trotz gestiegener Investitionen real weniger erhalten
Die Investitionen der sächsischen Wohnungsgenossenschaften haben sich im Geschäftsjahr 2023 auf insgesamt 600,3 Mio. Euro (Vorjahr: 574,9 Mio. Euro) summiert. Dies entspricht einem Anstieg von 25,4 Mio. Euro bzw. 4,4 % gegenüber 2022. Vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren stark steigenden Baukosten ist dieser Wert beachtlich. Berücksichtigt man allein die Steigerung der Baukosten um 10,5 % im Jahr 2023 wird deutlich, dass die investierten Finanzmittel real zu weniger Bauleistungen geführt haben. Der Schwerpunkt der Investitionen lag auf der Instandhaltung (344,4 Mio. Euro) und der Modernisierung (192,8 Mio. EUR). Der Neubau bleibt aufgrund der schwierigen Rahmenbedingungen weiterhin auf niedrigem Niveau (63,1 Mio. EUR).
„Es ist bitter: Wir investieren 1,6 Mio. Euro pro Tag in unsere Bestände und erhalten weniger Leistung dafür als im Geschäftsjahr 2022. Der Spagat zwischen günstigen Mieten und Refinanzierung der Investitionen wird immer schmerzhafter. Wir machen inzwischen Klimmzüge am wirtschaftlichen Hochreck und trotzdem sind die Mieten in den letzten zehn Jahren nur um 1,7 % gestiegen. Das ist Hochleistungssport, der auf Dauer bei den Wettkampfbedingungen nicht praktiziert werden kann“, mahnt Mirjam Philipp, Vorstand des VSWG.
Leerstand prozentual gesunken, aber Anstieg im ländlichen Raum
Der Leerstand in den sächsischen Wohnungsgenossenschaften beträgt zum 31.12.2023 insgesamt 24.735 Wohnungen (Vorjahr: 25.641 WE). Damit ist der Leerstand im Jahr 2023 um 906 WE zurückgegangen. Prozentual ist die Leerstandsquote von 8,7 % auf 8,4 % gesunken. Der Rückgang ist neben der guten wirtschaftlichen Entwicklung vieler Regionen auch auf Stilllegungen und Rückbaumaßnahmen, welche die Leerstandsquote reduzieren, zurückzuführen. Insgesamt ist die Leerstandssituation sehr unterschiedlich und reicht von 2,5 % in Dresden bis 16,4 % im Landkreis Zwickau.
Bezahlbares Wohnen als Grundwert der Genossenschaft
Die in sächsischen Wohnungsgenossenschaften gezahlte Nutzungsgebühr (entspricht Nettokaltmiete) betrug im Dezember 2023 durchschnittlich 5,44 Euro/m2 Wohnfläche. Damit ist sie gegenüber dem Vorjahr (5,31 Euro/m2) um 0,13 Euro oder 2,4 % pro m2 Wohnfläche gestiegen. Die gestiegenen Mieten resultieren maßgeblich aus höheren Neuvermietungsmieten, die aufgrund der langen Mietdauer der gekündigten Wohnungen und der hohen Aufwendungen für eine zeitgemäße Instandsetzung der Wohnung erforderlich sind. Zum Teil sind die höheren Mieten auch Folge von modernisierungsbedingten Mieterhöhungen nach BGB. Gleichwohl zeigt sich auch im Jahr 2023, dass die Entwicklung der Mieten bei weitem nicht mit den Kostenentwicklungen standhalten kann. Das zeigt sich insbesondere in der Inflationsrate, die im Berichtsjahr in Sachsen 6,5 % betrug und damit die Mietentwicklung um 170 % übertroffen hat. Auch bei den Mieten sind regionale Unterschiede zu verzeichnen. So liegt die Nettokaltmiete im Vogtlandkreis derzeit bei nur 4,30 Euro/m2, während die durchschnittliche Nutzungsgebühr in der Landeshauptstadt Dresden bei 6,10 Euro/m2 liegt.
Betriebskosten nach Anstieg im Vorjahr vorerst wieder abgemildert
Nach dem deutlichen Anstieg der „kalten“ und „warmen“ Betriebskosten im Jahr 2022 hat sich der Anstieg vorerst abgemildert. Die sog. „zweite Miete“ ist im Berichtsjahr auf insgesamt 2,92 Euro/m2 monatlich gestiegen (Vorjahr 2,80 Euro/m2). Dabei betragen die Kosten für Heizung und Warmwasser 1,49 Euro/m2 (Vorjahr: 1,43 Euro/m2) und die „kalten“ Nebenkosten 1,43 Euro/m2 (Vorjahr: 1,37 Euro/m2). Bei den Heizkosten zeigt sich weiterhin ein sehr unterschiedliches Bild, das sehr stark von der Lage, der Versorgungsart und dem Erzeugermedium abhängt. Während einige wenige Wohnungen noch für weniger als einen Euro/m2 beheizt werden können, betragen die Kosten andernorts bereits 2,70 Euro/m2 im Mittel.
„Auch wenn die Situation an den Energiemärkten 2023 als beherrschbar bewertet werden kann, handelt es sich vermutlich nur um eine Verschnaufpause. Steigende CO2-Preise, der Wegfall des Gas- und Fernwärmedeckels (ab 01.01.2024) und das Auslaufen der Steuerabsenkung von 19 % auf 7 % (bis 31.12.2023) werden künftig voraussichtlich zu weiter steigenden Wärmepreisen führen“, erläutert VSWG-Vorstand Mirjam Philipp.
Neubau stagniert aufgrund stark gestiegener Baupreise
Im Jahr 2023 wurden bei den sächsischen Wohnungsgenossenschaften insgesamt 286 Wohnungen neu errichtet. Das entspricht einem leichten Anstieg der seit 2022 festzustellenden niedrigen Baufertigstellung um 46 WE. Damit liegt die Neubautätigkeit das zweite Jahr in Folge unterhalb vom stabilen „Neubaukorridor“ von 2015 bis 2021 zwischen 300 und 500 WE pro Jahr. Hintergrund sind das insgesamt sehr schlechte Bauumfeld aus starken Baukostensteigerungen, deutlich höhere Darlehenszinsen und nicht planbare sowie nicht hilfreiche Förderangebote im Neubau. „Mittlerweile werden für Neubauprojekte nicht selten Baukosten von 4.000 bis 4.500 Euro pro m2 aufgerufen. Dies würde – ohne Förderung – zu Kaltmieten zwischen 15 bis 20 EUR/m2 führen, was für die sächsischen Wohnungsgenossenschaften illusorisch ist“, mahnt Mirjam Philipp.
Rückbau deutlich über Vorjahresniveau
Der Rückbau ist weiterhin ein relevantes Thema und liegt mit Ausnahme des Jahres 2019 zahlenmäßig über dem Neubau. Auch im abgeschlossenen Geschäftsjahr 2023 wurden 545 WE (Vorjahr: 326 WE) endgültig vom Markt genommen. Damit hat der Rückbau deutlich über dem Vorjahresniveau gelegen. Zum überwiegenden Teil handelt es sich um langfristig geplante Vorhaben, die 2023 gefördert und ohne Förderung stattgefunden haben.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität
Die Wohnungswirtschaft befindet sich auf dem Weg in Richtung Klimaneutralität. Auf Basis der verpflichtenden Energieausweise lässt sich ein Bild vom Status quo zeichnen. Derzeit befindet sich jedoch ein signifikanter Teil der Energieausweise in der Erneuerung, so dass derzeit nur 80 % der Wohneinheiten in die Erhebung eingeflossen sind. Gleichwohl zeigt sich, dass 95,6 % der Bestände in den Energieeffizienzklassen A+ bis D liegen. Die als „gefährdet“ geltenden Klassen G und H sind nur mit 0,3 % vorhanden; das entspricht in etwa 900 WE. Diese Bestände stehen perspektivisch im Risiko, von einem Vermietungsverbot betroffen zu sein und somit als „stranded assets“ (übersetzt: gestrandete Vermögensgegenstände) zu enden. Neben den Energieausweisen geben 25,3 % der Wohnungsgenossenschaften an, bereits über eine CO2-Bilanz zu verfügen. Dahingegen verfügen erst 3,6 % der Wohnungsgenossenschaften über einen konkreten Klimafahrplan. Der niedrige Wert erklärt sich vor allem in den zahlreichen Variablen auf dem Weg zur Klimaneutralität und der noch ausstehenden kommunalen Wärmeplanung der sächsischen Städte und Gemeinden.
Hoffnung auf eine Trendwende beim Geschäftsklimaindex
Für 2023 lässt sich für die sächsischen Wohnungsgenossenschaften ein gleichbleibendes Geschäftsklima erkennen. Der Gesamtindex ist von 4,4 Punkte im Vorjahr auf 4,5 Punkte im aktuellen Jahr nur minimal gestiegen. Interessanterweise verschiebt sich die Beurteilung der aktuellen und zukünftigen Lage ein wenig. Während die Beurteilung der aktuellen Lage um 4,1 Punkte auf 56,8 Punkte gesunken ist, stieg die Erwartung an die Zukunft von -39,8 auf -37,1 Punkte an. Damit ist die Zukunftsaussicht immer noch negativ, aber es gibt die Hoffnung auf eine Trendwende.
„Auch wenn die Stimmung bei unseren Wohnungsgenossenschaften weniger negativ ist als im Geschäftsjahr 2022, ist sie noch längst nicht positiv. Wir müssen das zarte Pflänzchen des Aufwärtstrends fortführen und dies nicht nur, indem wir unsere Forderungen zur Landtagswahl 2024 erfüllt sehen wollen. Denn bei uns wohnt schließlich die Gesellschaft – die breite Mitte“, fasst Mirjam Philipp abschließend zusammen.