Unter dem Motto „Intelligente Wege in die Zukunft“ lud der VSWG zum 32. Tag Sächsischer Wohnungsgenossenschaften am 24. September 2024 ins ICC Dresden
Mehr als 400 Teilnehmer, 50 Aussteller und acht Sponsoren konnte der VSWG zum 32. Tag Sächsischer Wohnungsgenossenschaften im Internationalen Congress Center in Dresden am 24. September 2024 begrüßen.
Die eigentliche Begrüßung übernahm dann allerdings ein digitaler Avatar von VSWG-Vorstand Mirjam Philipp auf der Leinwand, der täuschend echt wirkte, obwohl der Vorstand dies so nie gesagt hatte, wie sie in der anschließenden Begrüßung auf der Bühne zugab.
In ihrem Grußwort betonte Mirjam Philipp, dass intelligente Wege zum richtigen Ziel in der heutigen Zeit in alle Richtungen gebraucht werden und in vielen Fällen schon der richtige Weg das Ziel sei und manchmal sogar wichtiger als das Ziel selbst. Die Frage dabei ist jedoch, wer einen auf den richtigen Weg bringt und vor allem auf intelligente Weise. Dies beantwortete Mirjam Philipp klar mit: Wir selbst! Denn durch die Erfahrungswerte der Vergangenheit, durch sachliche Informationen und mit Instinkt ist dies besonders in einer Zeit der gefühlten Orientierungslosigkeit wichtig.
Politische und wohnungswirtschaftliche Entscheidungen basieren immer auf der Basis von Fakten. So leitete der VSWG-Vorstand auf die Auswertung des Zensus 2022 über und betonte noch einmal, dass es in Deutschland angespannte Wohnungsmärkte gibt, aber diese nicht in Sachsen, nicht in Dresden und Leipzig sind. Denn diese beiden Großstädte zeigen eine Situation, die noch nicht als Gänze angespannt bewertet werden kann. So liegt der Leerstand in Dresden bei 4,14 % und in Leipzig bei 5,44 % und verdienen zwar ein besonderes Augenmerk, sind jedoch noch deutlich von Zuständen wie beispielweise in Hamburg (2,0 %), Köln (2,5 %) oder München (2,7 %) entfernt. Dazu kommt, dass in beiden sächsischen Großstädten das Umland noch deutliches Potenzial bietet. So zeigt sich, dass der Leerstand zum Teil wenige Kilometer vor den sächsischen Metropolen bereits bei 9 % und mehr liegt. Damit ist das Umland der drei Großstädte Dresden, Leipzig und Chemnitz als wichtiges Potenzial zu verstehen. Dazu bedarf es nicht nur eine politische Aufmerksamkeit, sondern auch einen Fokus auf funktionierende Mobilitätsangebote zwischen dem ländlichen Raum, den Mittelstädten und den Großstädten. Eine wichtige Aufgabe der neuen Landesregierung muss es daher sein, den Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2013, der mittlerweile über 10 Jahre alt ist, grundlegend zu überarbeiten. Die Daten und Trends des Zensus 2022 bieten also eine gute Grundlage, um frei von Emotionen oder ideologischen Vorstellungen, die richtigen Leitplanken der Wohnungspolitik zu entwickeln, fasste Mirjam Philipp zusammen und verwies die Teilnehmer auf die druckfrische Broschüre des Zensus 2022 auf ihren Plätzen.
Mirjam Philipp dankte am Ende ihres Grußwortes den Ausstellern und Sponsoren, die den TSWG mitgestalten sowie begleiten und stellte den ersten Referenten Ralf Minge kurz vor, der vielen aus seiner beruflichen Laufbahn als ehemaliger DDR-Fußballnationalspieler und Sportmanager von Dynamo Dresden bekannt ist. Unter dem Titel „Wer führen will, muss Menschen lieben“ vermittelte Ralf Minge seine persönlichen Erfahrungen in Sachen Führung und macht dies sehr unterhaltsam an anschaulichen Beispielen seiner beruflichen Laufbahn deutlich. Er stellte deutlich klar, dass man als Führungspersönlichkeit nicht geboren wird, sondern dazu Kompetenzen erwerben und eigene Erfahrungen machen muss. Mit dem Credo – wirklich große Dinge beginnen immer von innen heraus – stellte Ralf Minge am Ende seines Vortrages die Frage, was wichtiger sei: der Weg oder das Ziel und beantwortete diese mit den Worten: die Weggefährten.
Im Anschluss referierte der renommierte Journalist Richard Gutjahr über Fake News und Hass im Netz und zeigte an leidvollen, persönlichen Erfahrungen, wie seine berufliche Tätigkeit als ARD-Korrespondent ihm und seiner Familie fünf Jahre eine weltweite Hass-Kampagne im Netz ausgelöst hatte. Er kennt somit alle Tricks der Angreifer, aber auch, wie man sich dagegen wehrt. Im KI-Zeitalter gibt es für Richard Gutjahr Fakten, Lügen und alternative Wahrheiten. Dabei hat jeder seine eigene Wahrheit und kommuniziert diese auch über die digitalen Kanäle. Für ihn ist ChatGPT eine der größten Demütigungen für den Menschen und warnt ausdrücklich vor dem „Deep Fake Zeitalter“. Das Positive an dieser Entwicklung ist jedoch, dass wir alle die gleiche Chance haben, zu erlernen, richtig mit der mit KI umzugehen, und wir als Menschen alle im Beziehungsbusiness sind, was KI und Maschinen nicht können.
Nach der Mittagspause und der Möglichkeit, die zahlreichen Aussteller zu besuchen, referierte der Neurowissenschaftler und Psychiater Prof. Dr. med. Volker Busch unter dem Vortragstitel „Gehirn unter Strom – Vom klugen Umgang mit Reizflut, Multitasking und digitalem Alltagsstress“ und gab den Anwesenden Tipps, wie man besser mit dem digitalen Dauerstress umgeht. Pro Tag strömen 30 bis 40 GB an Informationen auf einen ein. Darunter leidet die Fokussierung am stärksten. Die Top-Down-Steuerung – die Fähigkeit sich konzentrieren zu können – steht in ständiger Konkurrenz zur Bottom-Up-Steuerung – die Ablenkung. Dabei ist die Zeit der Refokussierung immer länger als die Unterbrechung selbst. Prof. Busch empfiehlt bei einer Arbeitszeit von acht Stunden am Tag, sich eine Stunde als Fokuszeit zu reservieren, in der es keine Unterbrechungen oder Ablenkungen gibt, um das Allerwichtigste am Tag abzuarbeiten. In einer Studie wurde sogar nachgewiesen, dass Menschen, wenn sie sich konzentrieren, gleichzeitig auch entspannen, da der Anteil am Stresshormon Cortisol sinkt. Durch den Fokus auf das Wesentliche entstehen in dieser Fokuszeit weniger Fehler und Aufmerksamkeitsprobleme, denn die Achtsamkeit macht uns geistig erfolgreich. Als Pausenregeln empfahl der Neurowissenschaftler drei goldene Faustregeln: kurz und oft Pause machen, dabei körperlich aktiv sein wie ein Spaziergang an der frischen Luft und drittens diese konsumarm, wenn möglich ohne Handy, zu gestalten. Denn geistige Pausen schenken oftmals kreative Einfälle. Zum Abschluss resümierte er, dass der Schlüssel für einen klaren Geist und einen gesunden Verstand im Gehirn liegt und legte allen Anwesenden das sogenannte Niksen – chillen ohne Handy – wärmstens ans Herz und erhielt frenetischen Applaus für seine Ausführungen.
Danach gewährte Dr. Corinna Hölzer, Mitgründerin der Stiftung für Mensch und Umwelt, die sich seit 2010 für mehr Biodiversität engagiert, in ihrem Vortrag „Treffpunkte der Vielfalt – Naturnahe Gestaltung und Pflege von Wohnquartieren“ Einblicke in die Gestaltung naturnaher Außenanlagen Berliner Wohnungsbaugenossenschaften. Das Naturgartenteam der Stiftung plant und baut große Hofanlagen, kleine Trittsteinbiotope sowie sogenannte PikoParks. Mit Totholzarrangements, Natursteinen und heimischen, trockenheitsverträglichen Pflanzen entstehen nachhaltige und ästhetisch ansprechende Anlagen. Wie wichtig eine gute Kommunikation und Partizipation mit den Mitgliedern, Hausmeistern und Vorständen ist, darauf ging Dr. Hölzer in ihrem Vortrag ebenfalls ein.
Bevor es in die Kaffeepause ging, wurden zuvor noch die fünf leistungsstärksten Auszubildenden aus sächsischen Wohnungsgenossenschaften für ihre anerkennenswerte Leistung vom Verband zusammen mit Kerstin Radtke (Vorsitzende des Fachausschusses Personal) prämiert: Luisa Bielig (Wohnungsgenossenschaft „Glückauf“ Süd Dresden e.G.), Tom Löschner (Chemnitzer Siedlungsgemeinschaft eG), Johanna Fenn (Eisenbahner-Wohnungsbaugenossenschaft Dresden eG, konnte nicht anwesend sein), Marc Anthony Mildner (Wohnungsgenossenschaft Grimma eG, konnte nicht anwesend sein) sowie Lilli Zukowski (Wohnungsgenossenschaft „Lipsia“ eG).
Im Anschluss referierte Prof. Dr. Florian Erbrecht von der Spar- und Bauverein eG Dortmund in seinem Vortrag zur strategischen Ausrichtung und den Herausforderungen der Wohnungswirtschaft bei der Entwicklung und Umsetzung des Klimareduktionspfads und der EU-Taxonomie. Er erörterte in diesem Kontext die sich daraus ergebenen Anforderungen sowohl im Hinblick auf Neubauten als auch auf Renovierungen von Bestandsgebäuden und verdeutlichte dies mit konkreten Zielen der Sparbau Dortmund.
Danach ging es mit der Digitalisierung weiter, speziell mit der digitalen Abstimmung und digitalen Wahlen. Dazu stellte Sebastian Jäkel, Geschäftsführer der eVoting GmbH, die Vorteile digitaler Abstimmsysteme vor und ließ die Teilnehmer an einem Beispiel selbst kurz abstimmen.
Im letzten Teil der Tagung standen die Halbleiterindustrie in Sachsen und die Potentiale für die Wohnungswirtschaft im Vordergrund. Frank Bösenberg, Geschäftsführer von Europas größtem Mikroelektronik-Cluster, dem Silicon Saxony, präsentierte in seinem Vortrag die Entwicklung der Mikroelektronik- und Softwarebranche in Sachsen und die daraus resultierenden Implikationen für den regionalen Wohnungsmarkt. Der Vortrag begann mit einer kurzen Einführung in die Struktur und Besonderheiten des Vereins sowie die Entwicklung einer Region in den vergangenen Jahrzehnten, in denen zahlreiche richtige Entscheidungen zur richtigen Zeit dazu geführt haben, dass aktuell jeder dritte Chip aus Sachsen kommt. Im Mittelpunkt des Vortrags stand dann die aktuelle und zukünftige Entwicklung. Herr Bösenberg beleuchtete hierbei die jüngsten Erweiterungs- und Ansiedlungsentscheidungen und warum insbesondere Sachsen von der globalen Entwicklung der Halbleiterindustrie profitiert, analysierte deren Bedeutung für den Fachkräftebedarf, von dem er wiederum den Wohnraumbedarf ableitete. Er hob in seinem Vortrag den „Sogfaktor“ der Branche hervor, der weit über den Dresdner Norden hinauswirkt, und betonte die Notwendigkeit einer umfassenden Regionalentwicklung, die insbesondere den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, der sozialen Infrastruktur sowie des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) umfasst.
Prof. Dr. Klaus-Peter Hillebrand beendete den 32. Tag Sächsischer Wohnungsgenossenschaften am späten Nachmittag und bedankte sich bei den zahlreichen Ausstellern für ihre Unterstützung. Er freut sich zusammen mit seiner Vorstandskollegin Mirjam Philipp auf ein baldiges Wiedersehen, spätestens zum 33. Tag Sächsischer Wohnungsgenossenschaften am 30. September 2025.
Das Get-together mit dem Sektempfang – gesponsert von der DOMUS Consult – fand im Anschluss auf der Terrassenebene des Internationalen Congress Centers statt, bei dem das Netzwerken an erster Stelle stand. Ein weiterer Höhepunkt bei der Abendveranstaltung war der Besuch vom Rekordweltmeister und vierfachem Olympiasieger Francesco Friedrich als Ehrengast. Er kam zusammen mit seinem neuen Anschieber Simon Wulff, der bei seinem letzten Leichtathletik-Wettkampf zur Eröffnung des Heinz-Steyer-Stadions in Dresden mit 10,06 Sekunden über 100 Meter die viertschnellste Zeit, die je ein Deutscher über diese Distanz gesprintet ist, erreichte und danach zum Bobsport wechselte. Im Gepäck hatten die beiden Bobathleten nicht nur Autogrammkarten und die bisher gewonnenen Olympiamedaillen, sondern auch einen Original-Rennanzug, Helm, Kufen und die WM-Pokale.
Nach vielen persönlichen Fragen und Fotowünschen wurde der Veranstaltungsrahmen genutzt, um gemeinsam mit dem Vorstand des Marketingverbundes Sachsen – Mirjam Philipp (VSWG), René Nauck (WG Grimma eG), Falk Kühn-Meisegeier (WG Dippoldiswalde eG) und Axel Fietzek (LebensRäume Hoyerswerda eG) den Sponsoringvertrag mit dem Bobteam Francesco Friedrich um eine weitere Saison zu verlängern.
Bei anregenden Gesprächen mit musikalischer Untermauerung der Liveband Blue Alley klang der 32. Tag Sächsischer Wohnungsgenossenschaften aus.
Hier gelangen Sie zu den Fotoimpressionen. Weitere Eindrücke erhalten Sie auch auf der Veranstaltungsseite des TSWG.