Explosion der Energiepreise führt zu dramatischen Auswirkungen auf Verbraucher und Unternehmen – VSWG fordert staatliches Energiepreismanagement

Die Ver­sorgungs­sicherheit mit Erdgas ist zunehmend eingeschränkt. Es ist aufgrund der Gas­mangel­lage bereits die zweite Stufe von dreien des Notfallplans erreicht. Im Rahmen dessen kann bei entsprechender formaler Umsetzung eine direkte und unmittelbare Weitergabe der gestiegenen Gaspreise an die Verbraucher erfolgen. Eine weitere Kosten­explosion von bis zu 400 % steht damit im Raum. 

„Der Verbraucher ist dabei keine abstrakte Größe, sondern das sind die Mitglieder und Mieter unserer Wohnungs­genossen­schaften“, so Mirjam Philipp, Vorstand des Verbandes Sächsischer Wohnungs­genossen­schaften e. V. (VSWG). „Wir reden damit über ganz normale Menschen mit einem Einkommen, mit dem nicht durch Verzicht auf den zweiten oder dritten Urlaub diese Steigerung mal so eben wegkompensiert wird. Wir reden über familiäre Existenzen. Das muss die Politik endlich begreifen.“

Und das Thema zieht weitere Kreise:
„Da Wohnungs­genossen­schaften direkte Vertragspartner der Energielieferungsverträge mit den Versorgungsunternehmen sind und somit bezüglich der Kosten der Lieferung bis zur Betriebs­kosten­abrechnung in Vorleistung treten, sind nicht nur die Verbraucher, sondern auch die Wohnungs­unternehmen unmittelbar und sofort von den wirtschaftlichen Auswirkungen einer Gas­mangel­situation betroffen.

Aktuell haben die meisten sächsischen Wohnungs­genossen­schaften Fest­preis­verein­barungen für Erdgas mit Preisen zwischen 1,5 und 5 Cent netto pro Kilo­watt­stunde. Mit Wegfall der Fest­preis­bindung würde der Preis auf 15 Cent netto und mehr steigen. Das bedeutet in einigen Fällen eine Verzehn­fachung der Bezugspreise für Gas. Dabei betrifft die Mangellage nicht nur gasversorgte Heizungsanlagen, sondern vor allem auch die Fernwärme, die ebenfalls überwiegend aus Erdgas erzeugt wird. Somit sind neben den  21 % direkt mit Gas versorgten Wohnungen auch ca. 74 % fern­wärme­versorgte Wohnungen bei den sächsischen Wohnungs­genossen­schaften betroffen.

Die Preis­steigerungen werden damit massiv die wirtschaftliche Tragfähigkeit von Wohnungs­unternehmen und Verbrauchern treffen. Es gibt bereits jetzt erste Fälle – vor allem in Ostdeutschland – in denen allein die Kosten für Heizung und Warmwasser über den Nettokaltmieten liegen. Faktisch ist hier bereits eine Verdoppelung der bisherigen Mieten erfolgt. Mit den erwarteten Preis­steigerungen von bis zu 400 % ist unschwer absehbar, welche Konsequenzen dies für die Haushalte hat. Auch hier ist wiederum Ostdeutschland besonders stark betroffen, da dort 80 % der Haushalte mit gasbasierter Fernwärme versorgt werden.

Durch die zu erwartende massive Preis­steigerung und die vertragliche Vor­leistungs­pflicht der Wohnungs­unternehmen sowie die drohenden Ausfälle hinsichtlich der Betriebskosten könnte es bei einigen Unternehmen zu Liquiditäts­engpässen kommen. Das mit dem Energie­sicherungs­gesetz verfolgte Ziel der Vermeidung von Insolvenzen bei Versorgern würde somit in letzter Konsequenz und damit mit ähnlicher Dramatik auf die Wohnungs­wirtschaft verlagert. „Wir brauchen jetzt schnell wirkende staatliche Maßnahmen, die unmittelbar bei den Wohnungs­unternehmen und deren Mitgliedern und Mietern ankommen. Der Druck muss aus dem Kessel genommen werden“, so Philipp. Hier ist pragmatisches Handeln gefragt. Sicherlich kann die Einrichtung eines Hilfsfonds auf Bundes- oder Landesebene schon ein Stück weiterhelfen. Allerdings sind hiermit wiederum verwaltungs­technische und organisatorische Probleme verbunden, die ein schnelles Wirken in Frage stellen. „Besser wäre es“, so fordert Philipp „eine staatlich verordnete, zeitlich limitierte prozentuale Begrenzung für Heizung- und Warm­wasser­kosten orientiert an der tatsächlichen Kaltmiete einzuführen. So können direkt die sozialen Unterschiede der Ein­kommens­situationen berücksichtigt werden. Bei einer Begrenzung auf 40 % der Kaltmiete z. B. wären das im Verbandsgebiet 2 Euro warme Betriebskosten maximal. Immer noch viel, aber ein Ende der Preisspirale und damit für die Verbraucher Sicherheit und Verlässlichkeit sowie eine Durch­brechung der Preisspirale. Die Differenz­beiträge zu den tatsächlichen Kosten sollten als Zuschuss über die Förder­banken beantragt werden können.“

„Dazu bedarf es eines einfachen Verfahrens, das zunächst für Liquidität sorgt und aufwändige Stich­proben­prüfungen in die hoffentlich ruhigere Zukunft verlagert“, fasst Mirjam Philipp zusammen. „Somit wäre allen geholfen: Den Verbrauchern, den Wohnungs­unternehmen und auch den Energie­versorgern“.

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